Zufälle gibt es nicht…!

Ich erinnere mich ganz genau an den Moment, als ich von der YOGAundKREBS®-Ausbildung erfuhr.

ch war im Urlaub auf einer kleinen Insel im Mittelmeer. Weil ich als Autorin aber eigentlich nie Urlaub habe, stand mein aufgeklapptes Laptop vor mir auf dem Frühstückstisch. Hier zu arbeiten, redete ich mir ein, ist doch wunderbar.

Leider konnte ich mich davon nicht selbst überzeugen. Vor mir Olivenbäume und Pinien, dahinter Meeresrauschen und Himmelblau: Ich badete meine Augen darin und malte mir aus, wie ich später in den greifbaren Traum eintauche.

Glücklicherweise verführte mich das erstaunlich schnelle Insel-WLAN, einen kleinen Abstecher auf Facebook zu unternehmen. Und dort ploppte der Hinweis auf: YOGAundKREBS bei Gaby Kammler an der Patrick Broome Academy. Zu diesem Zeitpunkt kannte ich weder Gaby Kammler, noch hatte ich Berührungspunkte mit dem Münchner Yoga „Who’s who“. Nur der Krebs, der war mir bestens vertraut.

Yoga und Krebs – Muss das jetzt sein?

Ich fühlte mich von dem Weiterbildungsangebot angesprochen und abgetörnt zugleich: „Yoga, yeah! Krebs, och nöö!“ Oder doch? Kamen die alten Ängste meiner eigenen Krankheitsgeschichte wieder hoch? Außerdem: So ein Monsterthema an zwei Wochenenden; das kann doch nicht funktionieren. Ich hörte in mich hinein. Nach einer Weile wurde der Zweifler ruhiger und mein Schweinehund-Bändiger gab mir einen Tritt in den mentalen Hintern: „Los jetzt, du kannst das. Gib das weiter, was dich selbst gerettet hat!“

One love – wir sind alle eins, aber keiner ist gleich.

So viel vorne weg: Für den YOGA-und-KREBS-Kurs ist keinerlei Krebs-Erfahrung notwendig. Wer welche hat, darf sie aber gerne mitbringen. Denn darin unterscheidet sich diese Ausbildung wohltuend von so manch anderen: Teilnehmer-Erfahrungen sind willkommen, ja wertgeschätzt und werden aktiv in die Lerneinheiten miteinbezogen. Wir haben dadurch magische Momente erleben dürfen mit Tränen und Gelächter, leisen Tönen und einer unfassbar starken Energie.

Ein schwerer Klopper, die Kerze und du

Was passiert eigentlich, wenn man Yoga-Lehrer mit und ohne Krebs-Background zwei Wochenenden lang in einen Kursraum steckt und eine Gaby Kammler hinzufügt?

Bitte Folgendes vorstellen: Da steht diese monströse Diagnose im Raum. Ein echt schwerer „Klopper“. Ein Thema mit Sicherheitsabstand. Behaftet mit Ängsten, Vorurteilen, Verunsicherungen und allem, was unser Repertoire an menschlichen Emotionen hergibt. So mancher mag sich jetzt denken „Wenn ich selbst keine Erfahrung mit Krebs machen muss, warum sollte ich mich bitte freiwillig damit beschäftigen?“

Ich würde sagen: Die Antwort liegt im Yoga selbst und in der Aufgabe, die er uns stellt. Völlig egal ob Hatha nach B.K. Iyengar, Ashtanga oder Kundalini – Yoga ist einfach mehr als Bodenturnen. In der uralten, aber irgendwie immer aktuellen Baghavadgita, wird der Dharma als ein Weg beschrieben, auf den wir hinlenken sollen, „selbstlos, zum Wohl der Welt“. Wir, als YOGA-und-KREBS-Begleiter dürfen die Heilkräfte des Yoga zur Entfaltung bringen.

Gehen wir noch einmal zurück in den Raum mit dem „Krebs-Klopper“. Schwere Stimmung, lichtlose Angst, Kloß im Hals. Gaby Kammler betritt den Raum und stellt eine riesige Kerze in die Mitte. Sie beginnt aufzuräumen, z.B. mit Vorurteilen über die Heilungschancen, die heutzutage erstaunlich hoch sind.

Es ist zum Heulen… oder Heilen?

Mit jeder unserer yogisch-onkologischen Exkursionen wird uns klarer, wie viele Möglichkeiten es gibt, Menschen auf einen Weg zu bringen, den sie als wohltuend und heilsam empfinden. Denn genau darum geht: zu erforschen, was Yoga auf physischer, psychischer und emotionaler Ebene leisten kann. Ohne Heilsversprechen, aber mit jeder Menge Mut und Motivation zur Akzeptanz und Selbstverantwortung, um Wege in die Ruhe und eigene Kraft zu finden.

Wir üben uns in einer besonders achtsamen Praxis, die sanfte Flows mit restorativen Elementen verbindet. Immer wieder „erarbeiten“ wir in kleinen Teams Lösungen für spezielle Herausforderungen, die sich durch therapiebedingte Einschränkungen ergeben. Welche Behandlung kann welche Nebenwirkungen auslösen? Nebenbei wiederholen wir auch anatomische Basics, um die Do’s und Dont’s in einer YOGAundKREBS-Stunde genau zu verstehen.

Nichts bleibt Theorie: Wir tüfteln und probieren aus. Diejenigen unter uns, die schon am eigenen Leib Erfahrung mit Bestrahlung, OP, Chemo & Co. gemacht haben, geben wertvolles Feedback.

Um das Spektrum physischer Einschränkungen aus „Patientenperspektive“ zu erleben, hat sich Gaby außerdem etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Aber pssst, an der Stelle bleibt es ein Geheimnis: Die ebenso überraschenden wie erhellenden Einsichten sollte jeder selbst machen dürfen.

Herzensprojekt mit Sinn und Verstand

Es ist kaum zu übersehen, dass Gaby aus ihrem Beruf in eine Berufung gegangen ist. Der Ausbildung tut das gut. Viele Jahre hat sie im pharmazeutisch-onkologischen Umfeld Mediziner beraten. Heute verrät sie uns, wie wir unser frisch erworbenes Wissen auch in Fachkreisen überzeugend rüberbringen. Das ist wichtig für alle, die ihr YOGA-und-KREBS-Angebot in Kliniken und Arztpraxen vorstellen möchten.

Gaby Kammler pocht darauf, dass sich alle YOGA-und-KREBS-Trainer als ebenso kompetente wie seriöse Ansprechpartner qualifizieren – und zwar nicht nur auf Augenhöhe mit Patienten, sondern auch mit Onkologen.

Natürlich können wir die medizinisch-wissenschaftlichen Krebs-Facetten nur an der Oberfläche behandeln. Andererseits habe ich auch keine Express-Ausbildung zum Facharzt erwartet. Ich staune aber ganz schön. Trotz meiner unfreiwilligen Vorbildung in Sachen Chemotherapie lerne ich viel Neues. Zweifelsfrei steckt in Gabys Lehrplan sehr viel Zeit und Mühe. Wie könnte sie uns sonst so ruhig und sicher durch diesen unendlichen Ozean der Erkenntnis navigieren?

Es zeugt zwar nicht von einer besonders objektiven Betrachtungsweise, wenn man mit Superlativen um sich schleudert, da jedoch meine persönliche Meinung gefragt ist, sage ich eines ganz klar: Noch nie habe ich so eine fokussierte, disziplinierte gleichzeitig aber ruhige und offenherzige Lehrerin erlebt.

„Mission possible“: #lasstunswasbewegen

Zwei Monate nach der Ausbildung bin ich immer noch im Kontakt mit den YOGA und KREBS-Yoginis. Wellenweise schwappen Konversationen durch unsere WhatsApp-Gruppe. Wir versorgen uns gegenseitig mit Meldungen aus der Krebsforschung, geben uns Veranstaltungs-Tipps, feuern uns an, möbeln uns auf, beklatschen kleine Erfolge oder beraten gemeinsam, wenn es um besondere Fälle geht. Etwa so: „Morgen kommt jemand zum Probetraining, der Knochenmarkmetastasen hat, sich aber trotzdem gerne bewegen möchte. Ich bin etwas nervös, habt ihr Tipps für mich?“. Dann stecken wir alle unsere Köpfe zusammen. Wenn völlige Ratlosigkeit herrscht, schaltet sich Gaby Kammler selbst nochmals ein.

Heute habe ich eine E-Mail von Gaby erhalten. Sie hat mich gefragt, ob ich diesen Blog-Beitrag schreiben möchte, um ihren Kurs aus der Sicht einer Teilnehmerin darzustellen. Da gab’s nichts zu überlegen. Ich sitze wieder an meinem Laptop auf dem kleinen Balkon am Meer. Diesmal muss ich mich nicht ablenken. Ich spinne einfach ein wenig weiter an unserem #liebesnetzwerk.